Ist es dir auch schon mal passiert, dass du mehrere Stunden Arbeit verloren hast, weil du vergessen hast, zwischenzuspeichern? Vermutlich hast du daraus gelernt. Eine Kollegin erzählte mir letzte Woche von ihrem daraus entstandenen “Speicher-Tick”. Ich wusste sofort, was sie meinte. Seit meinem ersten Speicher-Fail drücke ich ebenfalls alle paar Sekunden [CMD]+[S]. Ich speichere alles hundert Mal zwischen. Ich speichere auch Kopien von Kopien und Versionen an verschiedenen Stellen. Und zwar so lange und so oft, bis meine Festplatte fast voll ist, mich der Platzmangel nervt und ich mich gar nicht mehr aufs Arbeiten konzentrieren kann, weil die Navigationswege so schwierig und störend werden und ständig irgendwo eine Datei rumliegt, die unerwartet meine Aufmerksamkeit will. Ich frage mich: Wieso machen wir aus der Speicher-Routine nicht auch eine Aufräum-Routine? Wenn ein voller Computer sich genauso belastend anfühlt wie eine volle Wohnung, wie wäre es dann mit digitalem Minimalismus?

Digital Detox: Wenn Dateien zur Ablenkung werden

Wenn man “digitaler Minimalismus” hört, denkt man direkt an Digital Detox, ein Buzzword, das zurzeit wohl jedem im Kopf rumschwirrt. Ich finde das schwierig. Es mag wohl sein, dass Social Media uns stresst und es uns gut tut, das Handy im Urlaub für ein paar Tage auszuschalten. Wenn wir es danach aber wieder anmachen, geht es uns nach ein paar Tagen genau wie vorher. Und warum? Ich glaube, weil wir überwältigt von den Möglichkeiten und der Unordnung auf unseren Geräten sind. Digitaler Minimalismus heißt für mich, den Überschuss auf meinen Geräten so zu reduzieren und meine Nutzungsentscheidungen so zu treffen, dass ich den Kopf für die wirklich wichtigen Dinge frei habe – sei es, während ich das Gerät benutze, oder in dem Moment, in dem ich es weglege. Ich muss digitale Information so ordnen, dass sie einfacher verfügbar ist – statt in drei verschiedenen Cloudspeichern möchte ich nur noch in einem suchen, und intuitiv wissen, in welchem Ordner das Gesuchte liegt. Es klingt ein bisschen verrückt, wenn man es laut ausspricht, aber es ist doch so: Ich halte mich jeden Tag sowohl im Job als auch privat so lange in der virtuellen Welt auf, dass es sich genau gleich anfühlt, ob ich in der realen Welt meinen Schreibblock in drei verschiedenen Schubladen in verschiedenen Räumen suchen muss, oder meine To Dos in drei verschiedenen Apps. Wie sehr digitale Unordnung mich bedrückt, merke ich, wenn ich abends nur noch vor Netflix hänge und trotz vieler Ideen tagelang nicht die Motivation aufbringe, einen neuen Artikel zu schreiben oder sonst irgendwie (digital) produktiv zu sein.

Kennst du dieses Gefühl? Fühlst du dich auch manchmal überwältigt von vielen unsortierten Dateien auf deinem Rechner oder 37 App Symbolen auf dem Handy? Brauchst du zu viele Klicks, bis du das richtige findest? Bekommst auf deinem iPhone ständig die “! Speicher fast voll” Nachricht?

Digitaler Minimalismus – In 14 Schritten zur aufgeräumten virtuellen Welt

Wäre es nicht schön, wenn dein Computer und dein Smartphone mal wieder so richtig ordentlich wären, du einen Überblick über alle digitalen Besitztümer hättest, überflüssige Accounts und nervige Newsletter endlich gelöscht wären und sich deine Geräte wieder wie neu anfühlen? Ich habe eine 2 Weeks Challenge für dich entwickelt, mit der du step by step deinen Rechner und dein Smartphone aufräumen kannst! Die meisten Schritte dauern weniger als 30 Minuten. Du musst sie nicht der Reihe nach machen, wenn du dir zum Beispiel eine größere Aufgabe fürs Wochenende aufheben willst. Und wenn du mal mehr Zeit und Lust hast, kannst du auch mehr als eine Challenge am Tag machen. Mir hat es allerdings geholfen, dass ich jeden Tag mindestens eine abgehakt habe.

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Tag 1: Desktop & Download-Ordner aufräumen

Clean desk policy! Wir starten mit den Basics am Rechner. Verschiebe alles, was du “mal eben” auf deinen virtuellen Schreibtisch geschmissen hast, an den Ort, den du eigentlich dafür vorgesehen hattest. Lösche alles, was du nicht mehr brauchst, und behalte nur das auf dem Schreibtisch, was du wirklich im Blick haben musst, also zum Beispiel eine Datei, die du noch heute bearbeiten wirst. Suche dir zum Abschluss einen neuen Desktophintergrund aus. Auf Pinterest findest du die besten! Wenn dein Schreibtisch wieder schön ist, nimm dir den Download-Ordner vor. Was brauchst du noch? Sortiere es in die entsprechenden Ordner auf der Festplatte und werde den Rest los. Papierkorb leeren nicht vergessen!

Tag 2: Apps ausmisten und sortieren

Schnapp dir dein Smartphone und gehe deine Apps durch. Welche benutzt du täglich, welche wöchentlich, welche selten bis nie? Aus der letzten Kategorie kannst du viele löschen. Diejenigen, die sich nicht löschen lassen oder die du nicht löschen willst (z.B. herstellereigene Apps oder Reise Apps) können in Gruppen (“Apple”, “Reise”) sortiert und so zumindest optisch platzsparend verstaut werden. Die, die du täglich mehrmals benutzt, kommen in die Schnellauswahl oder auf den ersten Bildschirm. Ich mag es übrigens, den ersten Bildschirm nicht ganz voll zu machen, damit mich die Auswahl nicht bei jedem Blick aufs Handy erschlägt. Je unwichtiger die App, desto weiter kann sie nach hinten in der Bildschirmreihenfolge. Ich clustere meine Apps zusätzlich nach Themen (alle Bildbearbeitungsapps in eine Reihe) und nach schneller Erreichbarkeit mit dem Daumen (die wichtigsten sind leicht mit einer Hand im Gehen aufrufbar). Wenn du fertig bist, checke noch mal: Hast du vielleicht Apps mit unnötigen Funktionen, wie einen Pillenwecker, den du einfach als normalen Wecker programmieren könntest, oder einen Schrittzähler, den dein Handy selbst schon integriert hat? Weg damit! Und jetzt ist auch wieder Platz für ein Update der verbliebenen Apps.

Tag 3: Programme ausmisten und updaten

Im nächsten Schritt kannst du dasselbe am Rechner machen, was du mit den Apps gemacht hast: Welche Programme nutzt du selten bis gar nicht? Überlege, ob du sie deinstallieren kannst – und deinstalliere sie sauber mit allen Dateien. Dabei helfen auf dem Mac zum Beispiel Programme wie “AppCleaner”. Welche verbliebenen Programme und Plugins nerven dich schon ewig mit Updates? Schluss mit Aufschieben und Wegklicken! Gönne auch deinen Browsern mal ein Update und vielleicht ein Adblocker Plugin.

Tag 4: Kontakte ausmisten und updaten

Ob du deine Kontakte zwischen deinen Geräten synchronisierst oder nicht – es ist ziemlich sicher, dass du nicht mehr alle brauchst. Wenn du einzelne Namen googeln musst, weil du dich nicht mehr erinnern kannst, und dir dann die Facebook Profile deiner schlimmsten Tinderdates entgegen springen, ist es auf jeden Fall Zeit. Bei Freunden haben sich inzwischen vielleicht die Adressen und Co geändert – es ist nie schlecht, solche Details mal zwischendurch beim Smartphone aufräumen zu erfragen und nicht drei Tage vor dem Geburtstag der Person!
Sind deine Kontakte chaotisch benannt? Entscheide dich für eine Art der Benennung, förmlich mit Vor- und Nachnamen oder freestyle nur mit Vornamen, Spitznamen und lustigen Zusätzen.

Tag 5: Cloudspeicher ordnen

Lass mich raten: Du nutzt (wie ich) nicht nur eine Cloud, sondern einen bunten Mix aus Dropbox, Google Drive, iCloud und Co? Verständlich, denn meistens passiert das beim Teamwork mit Kommilitonen und Kollegen, wo jeder etwas anderes nutzt. Aber wann habe ich angefangen, meine privaten Sachen auch kreuz und quer zu verteilen? Ich habe mich entschieden, meine Dropbox zu leeren und sie nur noch zu verwenden, wenn ich es für ein Projekt muss. Die Dropbox war für mich einfach der schwächste Wettbewerber für meine Verwendung. Zusätzlich hatte ich dort auch noch zwei Accounts. Einen davon habe ich gelöscht. Schaffst du es auch, mindestens eine Cloud wegzulassen? Ordne den Online-Speicher, der verbleibt, und lösche auch dort alle Dateien, die du nicht mehr brauchst.

Tag 6: Emailadressen & Kundenaccounts verwalten

Achtung, dieser Schritt könnte je nach deiner Emailmasse und Adressenvielfalt entweder ganz schnell gehen oder ein Halbtagesprojekt werden.

Das eklige Thema Emails. Wir alle kriegen zu viele davon und legen uns sogar extra Spam-Adressen an, um den gröbsten Müll umleiten zu können. Ich persönlich arbeite darauf hin, meinen Mailaccount und meine Abonnements so gut zu verwalten, dass ich diesen Zusatzaccount irgendwann löschen kann. Bis dahin kann man das Postfach der Spam-Adresse aber auf jeden Fall regelmäßig leeren. Auch auf der privaten Mail bekommt man meistens Werbung. Bei Gmail im Web Interface gibt es da eine praktische Vorsortierung nach “Werbung” und “Social Media”, so dass du den Inhalt dieser Ordner eigentlich komplett löschen kannst. BEVOR du das aber tust, schau mal nach, was du alles bekommst.

Newsletter: In jedem Newsletter gibt es unten eine Funktion, ihn abzubestellen. Auch Social Media Benachrichtigungen kann man in Art und Häufigkeit einstellen. Ein wahnsinnig nützlicher Dienst ist übrigens Unroll.me. Er kann relativ zuverlässig erkennen, welche Newsletter-Abonnements du hast, und diese mit einem Klick löschen.
Kundenkonten: Welche Shops senden dir Mails, obwohl du dort nur ein Mal bestellt hast? Welche App, die du schon seit Ewigkeiten nicht mehr nutzt, hat wieder ein Update bekommen, von dem man dir erzählen will? Vielleicht willst du diese Konten auch einfach löschen.

Wenn du es richtig anpacken und eine Emailadresse löschen willst, ist das übrigens auch eine gute Taktik: Du kämmst alle Nachrichten der letzten Monate grob durch und suchst dabei nach wichtigen Absendern, deren Emails du weiter bekommen musst. Dort änderst du deine Adresse. Und schon kannst du die alte löschen.

Anregung: Brauchst du deine Arbeitsmails wirklich in der Mail App auf dem Handy? Meistens gibt es einen Webclient, auf den du unterwegs zugreifen kannst, wenn du dir mal unsicher bist, ob dir jemand eine wichtige Nachricht geschickt hat.

Tag 7: Accounts hübsch machen

Heute machen wir etwas Schönes! Hast du ein aktuelles Profilbild, das dir gefällt? Vielleicht möchtest du es auf allen oder zumindest mehreren Kanälen verwenden. Denke auch an die weniger offensichtlichen – Pinterest, Kleiderkreisel, das Firmennetzwerk? Bei der Gelegenheit kannst du auch gleich schauen, ob deine persönlichen Informationen oder deine Selbstbeschreibungen noch passen.

Tag 8: Fotos löschen

Brauchst du die Fotos von deinem Essen und den Drinks deiner Freunde, die x Varianten eines einzigen Fotos, die Screenshots von Konversationen und die Bahnverbindungen, die du dir mal eben “gemerkt” hast? Mit dem Smartphone ist es leicht, schnell mal zu knipsen oder screenshoten, und deshalb auch genauso schwer, Ordnung zu halten. Ich versuche deshalb, jede Woche ein Mal auszusortieren und den Müll zu löschen. Ein Mal im Monat kommt dann ein großes Ausmisten. Nimm dir deinen gesamten Stream am Handy und am Rechner vor und wirf alles weg, was nur Speicher frisst. Nicht vergessen, den “zuletzt gelöscht” Ordner zu leeren!

Tag 9: Foto Backup

Wenn du so wie ich eine SSD im Rechner hast, hast du wahrscheinlich wenig Speicher. Deshalb habe ich nicht eine externe Festplatte, sondern inzwischen drei: Eine kleine (500GB) fürs automatische Systemabbild und zwei große (1TB) für meine manuellen Datensicherungen. Die mache ich ganz einfach doppelt, denn so kann ich die Dateien problemlos vom Rechner löschen.

Synchronisiere deine Handyfotos mit dem Rechner und mache dann ein doppeltes Backup von allem, was du hast. Ich persönlich sortiere diese Fotosicherungen einfach nach Jahr und Monat. Nach dem doppelten Backup kannst du noch einmal großflächig Fotos von deinen Geräten löschen. Ich mache es so, dass ich immer nur die letzten Monate auf dem Handy und Computer (und damit in der iCloud) habe, und den Rest auf meinen beiden Platten.

Tag 10: Lesezeichen ausmisten und umschichten

Eine schöne Sonntagsbeschäftigung, bei der du bestimmt ins Stöbern kommen wirst: Sortiere doch mal deine Lesezeichen! Mir zumindest geht es so, dass ich diese Dinger immer setze, und dann ewig brauche, bis ich wirklich einmal zu dem Link zurückkehre. Manchmal, weil der Link vielleicht doch nicht so spannend war, oft aber auch aus Vergesslichkeit und Zeitmangel.
Ich weiß nicht, was dir am besten liegt, aber ich glaube, dass ich besser mit Pinterest umgehen kann als mit reinen Textlinks. Deshalb pinne ich inzwischen alle Lesezeichen, die inspirierend waren und eine visuelle Komponente haben, auf Themenboards. Wenn du das nicht magst, reicht auch einfaches Aussortieren von dem, was du nicht mehr wichtig findest.

Tag 11: Notizen sortieren

Apple Notizen, Evernote, Google Docs – wo sind deine ganzen Notizen und schnell getippten To Dos vergraben? Lösche von allen Kanälen das, was du nicht mehr brauchst. Sortiere das verbliebene in Ordner oder Kategorien und überlege dir, ob du vielleicht einen Dienst komplett streichen kannst.

Tag 12: Chatverläufe leeren und archivieren

Mit manchen Leuten hat man einfach nichts mehr zu tun, bei anderen quillt der digitale Speicher über, weil man seit Jahren alles teilt. Beide Varianten kannst du auf deinem Smartphone aufräumen! Lösche bei Whatsapp ganze Konversationen oder auch nur geteilte Medien (Wenn du in Whatsapp auf den Kontakt tippst, gibt es einen Menüpunkt “Medien, Links und Doks”) und archiviere die Verläufe, die du nicht im direkten Blickfeld brauchst.

Tag 13: Ordnerstruktur

Zum Schluss nimm dir die Struktur deiner Ordner auf dem Rechner vor. Ist sie so noch praktisch oder gibt es einen einfacheren Weg, deine digitalen Besitztümer zu ordnen? Sortiere und lösche bei der Gelegenheit Findelkinder und Kopien.

Tag 14: Systemabbild

Jetzt, wo dein Rechner aufgeräumt ist, wird es Zeit für ein komplettes Backup. Sichere deine Dateien doppelt und erstelle zusätzlich ein Backup des Systems. Wie das am besten geht, kommt auf deinen Rechner an. Bei Apple ist es am einfachsten, eine Festplatte von Time Machine als Systembackupplatte formatieren zu lassen und diese regelmäßig anzuschließen. Zwei weitere Festplatten dienen dem manuellen Backup von einzelnen Dateien.


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Viel Spaß mit der Challenge! Ich freue mich über Anregungen und Feedback, ob dir meine 14 Schritte beim Computer und Smartphone aufräumen geholfen haben und wie du dich damit fühlst!