Minimalismus: Der Trend zum einfachen Leben

Wenn man einen Lifestyleblog schreibt, fängt man irgendwann an, sich eine Frage zu stellen: Was ist eigentlich ein “Lifestyle”? Und vor allem: Was ist mein Lifestyle?
Idealerweise stellt man sich diese Frage schon, bevor man anfängt, aber wie ihr wisst, bin ich schon vor vielen Jahren halbversehentlich ins Bloggen reingeschlittert, weit bevor es Kategorisierungen, Content Pläne und Bezahlungen dafür gab. Wenn es nach den Blogs geht, die es da draußen gibt, ist Lifestyle so ziemlich alles, womit man sich im Alltag beschäftigen kann: Mode, Beauty, Reisen, Food, DIY, Bücher und Wohnen.
Ich finde den Begriff “Lifestyle” hier grundsätzlich falsch – oder vielmehr finde ich die Dinge zu oberflächlich. Ein Lifestyle ist für mich eine Art, zu leben. Und die Entscheidung, wie ich leben möchte, ist für mich viel zu persönlich und wichtig, um sie mit Champagnertrinken und Reisen abzufrühstücken. Hier ist mein Blog, das ist mein Lifestyle. Ich schminke mich, lächle in die Kamera, klatsche 3 Filter darüber und zack – das ist mein Leben, das macht mich aus. Versteht mich nicht falsch – ich liebe es, gut zu essen, schöne Kleidung zu tragen und spannende Orte zu besuchen. Aber das kann doch nicht alles sein. All diese Aktivitäten beantworten die Frage, WAS ich so in meiner Freizeit mache. Die Frage nach dem Lifestyle ist aber doch die Frage nach dem WIE. Und vor allem nach dem WARUM.
Lifestyle ist die Frage nach meiner Motivation, meiner Leidenschaft und allem anderen, was wirklich wichtig in meinem Leben ist. Wie und wofür arbeite ich? Was macht mein Leben besser? Welche Menschen sind mir wichtig, wie funktionieren gute Beziehungen? Was macht meine Person aus? Zum Leben gehört natürlich vor allem der Alltag, also auch die weniger tiefsinnigen Dinge. Dennoch gibt es auch für alles davon einen Hintergrund. Es gibt einen Grund, warum ich jeden Morgen aufstehe, obwohl ich müde bin. Es gibt einen Grund, warum ich Marke X trage und nicht Marke Y. Es gibt einen Grund, warum ich heute im Supermarkt zum ersten Mal nach den vegetarischen Frikadellen gegriffen habe. Der Grund sind meine persönliche Entwicklung und meine Lebenseinstellung.
Lifestyle ist für mich also vielmehr etwas, das zwar nach außen sichtbar ist, aber letztendlich von innen kommt. Das Ergebnis vieler Überzeugungen, wenn man so will.
Ich werde es nicht schaffen, alle Facetten meiner Lebenseinstellung in einem Blogartikel festzuhalten. Das möchte ich auch gar nicht. Ich fasse heute nur eine Überzeugung zusammen, die ich immer wieder in meinem Handeln und Denken finde: Minimalismus.
Es gibt zunächst den ästhetischen Minimalismus, der in den letzten Jahren zum dominierenden visuellen Trend geworden ist – Skandinavische Labels wie COS sind jetzt extrem beliebt, moderne Einrichtung ist meistens betont schlicht, Flat Design hat längst das Internet erobert und auf Instagram sind die cleansten Feeds die erfolgreichsten. Wer meine Blogs, Fotos und sonstigen kreativen Arbeiten kennt, weiß, dass mein Herz schon immer für schlichtes Design schlägt – aber ästhetischer Minimalismus ist insofern selbsterklärend und soll hier nicht das Thema sein.
Der Minimalismus, der an dieser Stelle interessant ist, ist der gelebte Minimalismus. Minimalismus als Lifestyle kann in ganz verschiedenen Ausprägungen und Bereichen existieren. Und das ist das Schöne: Es gibt keine festen Minimalismus Regeln, nur eine Grundidee: Sich ein bisschen bis sehr stark von der Hektik, dem emotionalen Stress und dem materiellen Überfluss der westlichen Welt abzuwenden. Der Minimalismus als Lifestyle reduziert dein Leben nach und nach auf das, “was wirklich zählt” – ohne vorzugeben, wie viel du reduzieren musst und was es am Ende sein soll, das für dich stattdessen zählt.
Minimalismus lässt sich in meinem Verständnis auf zwei Fragen runterbrechen:
Was brauche ich in meinem Leben? Welche Verantwortung trage ich dafür?
Die Anwendungsgebiete für minimalistisches Denken sind beinahe endlos. Hier ein paar Beispiele:
Minimalistischer Besitz: Kaufe nur das, was du brauchst und/oder was dir lange Freude bereitet. Werde unnötigen Krempel los. Das reduziert Ablenkung sowie materielles Verlangen und gibt dir die Möglichkeit, das so gesparte Geld in wertvolle Erinnerungen zu investieren.
Minimalistischer Alltag: Mache gewisse Abläufe zur Routine, damit sie schneller von der Hand gehen oder du seltener damit Zeit verschwenden musst (z.B. Workflow optimieren, zuhause Dinge direkt wegräumen anstatt wöchentlich stundenlang aufzuräumen, …). Hierbei geht es viel um Ordnung und Planung.
Minimalistisches Umweltverhalten: Kaufe fair, reduziere deinen Müll, iss vegetarisch oder vegan, denke an andere Menschen, Lebewesen und die Natur. Der Gedanke ist: Die Welt dreht sich nicht um mich allein.
Natürlich kann man Minimalismus nun ins Extrem treiben und nur zehn Dinge besitzen oder seinen ganzen Jahresmüll auf ein Einmachglas minimieren. Daran ist grundsätzlich überhaupt nichts falsch. Worum es mir aber auf meinem Blog geht, ist ein reduzierter Lifestyle, den jeder ohne große Einschränkungen leben kann, der das Bedürfnis hat, sein Leben zu vereinfachen oder auch nur ein bisschen mehr Geld und Energie für die wichtigen Dinge übrig zu haben.
Minimalismus als Lifestyle adoptiert man nicht über Nacht oder weil es gerade im Trend ist. Vielmehr erkennt man sich in einigen Aspekten wieder und forciert diese Verhaltensweisen, um zu dem Leben zu kommen, das man sich wünscht. Minimalismus ist immer ein Weg. Mein Weg begann 2013 mit einem Stop Shopping Projekt namens “Collect memories, not things”, also der Erkenntnis, dass ich zu viel Geld für Dinge wie Kleidung ausgab und dadurch nicht mehr genug Geld übrig hatte, um mit meinen Freunden essen zu gehen oder die Welt zu bereisen.
Ende 2013 zog ich mit zwei Koffern für ein Semester nach Leeds. Erst dadurch wurde mir klar, wie wenig Besitz ich eigentlich wirklich brauche. Ich habe in England nichts von meinem Krempel vermisst. Im Gegenteil: Ich fand es unendlich befreiend, so wenig zu haben. Es gab mir das Gefühl, jederzeit wieder aufbrechen zu können, ein Gefühl von Freiheit.
Seither realisiere ich, wie unnützer Besitz mich regelrecht festkettet. Ich fühle mich von zu viel Zeug in meiner Wohnung erschlagen und überwältigt, weil ich gar nicht weiß, was ich damit anfangen soll. Ich kann nicht klar denken, wenn ich am Schreibtisch sitze und überall um mich herum Krempel liegt. Und genau so ist es mit emotionalem Ballast. Solche Faktoren hindern mich daran, das zu tun, worauf es mir eigentlich im Leben ankommt.
Ich will gut leben. Ich will glücklich leben, Ziele verfolgen, mich an Momenten erfreuen und dabei nicht das Gefühl haben, meine Zeit verschwendet zu haben. Deshalb versuche ich, mein Leben nach und nach von unnötiger Ablenkung, Geld- und Zeitverschwendung zu befreien. Ich lebe minimalistisch. Und davon möchte ich euch nun regelmäßig in einer neuen Kategorie auf A HUNGRY MIND erzählen.
3 Comments
Ein toll geschriebener Post und ich unterschreibe da glatt jedes Wort. Ich merke immer mehr, dass ich immer weniger brauche bzw. mich immer mehr reduziere. Der minimalistische Besitz ist bei mir in Gang gesetzt. Als nächstes sollte ich mich wohl dem minimalistischen Alltag widmen… dein Beispiel mit dem aufräumen war sehr gut… *hust*
Claudia
http://junegold.blogspot.de
Hey Claudia,
danke für das Feedback. An vielen Dingen (dem Aufräumen…) arbeite ich selbst auch ständig 😉
xx