Wer sich einmal entschieden hat, dass er minimalistisch leben will, wird vermutlich zunächst ganz viel Krempel loswerden. Und sich danach befreit fühlen. Doch gerade jetzt droht die Stolperfalle, der JoJo-Effekt des Minimalismus…

Das Leben besteht aus Käufen und das fast täglich – und wenn es nur der Gang in den Supermarkt ist, wo man schnell mal Vorräte anlegt, die man gar nicht rechtzeitig aufbrauchen kann. Und gerade wenn man viel Platz hat, fühlt sich das Kaufen von Neuem auch gar nicht mehr so unvernünftig an. Deshalb beginnt der eigentliche Weg erst nach dem Ausmisten mit KonMari und Co. Denn nun geht es darum, sich den lebenslang erlernten Kaufdrang abzugewöhnen, um keinen neuen Krempel anzuhäufen. Und das ist gar nicht so einfach, weil Shopping sozial gefeiert wird und Einkäufe absolut zum Alltag gehören! Sie lassen sich nie komplett vermeiden. Aber das sollen sie auch gar nicht – es geht nur darum, nicht unnütz und verschwenderisch einzukaufen. Um das zu erreichen, kannst du deinen Kaufprozess mit verschiedenen, einfachen Tipps für bewusstes Kaufen optimieren.

Davor: Immunisieren.

Im ersten Schritt geht es um Prävention. Du machst es dir bedeutend einfacher, wenn du einige Kaufanreize komplett ausschaltest und andere gezielt umlenkst. Für mich gingen die wichtigsten Steps so:

  1. Bestelle alle Newsletter ab; wenn möglich auch die Kataloge, die ins Haus kommen. Dislike auch die Facebook Pages von Marken, bei denen du oft bestellst. Verbiete dir mal für eine Weile das Surfen auf Herstellerseiten und anderen Quellen, die das Habenwill-Gefühl steigern. Es wird immer Produkte geben, die ein bisschen cooler sind, ein bisschen mehr können und die du noch dringender haben willst als andere zuvor. So ist der Markt kalkuliert. Das muss dich aber nicht stressen. Solange du dir diese Sachen nämlich nicht ständig vor Augen führst, werden sie dir auch nicht fehlen.
  2. Verweigere Sale Angebote, wenn dir nicht sofort ein Teil einfällt, das du brauchst. Wenn dir etwas einfällt, kaufe auch nur das!
  3. Geh einfach mal am Laden vorbei. Verbiete dir das “nur mal kurz schauen”, wenn du gerade gar nichts brauchst, zumindest zu Beginn. Wenn du später immunisiert bist, kannst du dir im Laden Inspiration für Outfits (oder Einrichtung… oder Fotos…) holen, die du mit eigenen Sachen zusammenstellst.
  4. Nutze die Zeit, die du sonst für den Stadtbummel brauchst, für etwas anderes. Wen hast du schon lange nicht mehr angerufen oder auf einen Kaffee getroffen? Welches Buch willst du schon lange anfangen? Lust auf ein neues Projekt?
  5. Wenn du merkst, dass du aus Stress oder Frust einkaufen willst, frage dich: Was kann ich stattdessen machen, damit ich mich besser fühle? Was fehlt mir wirklich?

Urban Jungle Blogger Tipps für bewusstes Kaufen

Dabei: Bewusst einkaufen.

Gerade beim Einkaufen selbst sind mir oft Fehler passiert, so dass ich nachher Geld für Zeug ausgegeben hatte, das ich gar nicht wollte. So versuche ich heute, mir den Moment der Reue zu sparen:

  1. Suche das, was du brauchst, und nichts anderes. Suche es gezielt in den Shops, die dir spontan einfallen, oder schlicht über Google.
  2. Wenn dir doch mal spontan etwas über den Weg läuft, das dein Herz hüpfen lässt, frage dich: “Brauche ich das? Werde ich es oft benutzen oder mich immer wieder darüber freuen?”
  3. Plane Bedenkzeit ein. Gerade teurere Käufe oder solche, die du nicht dringend brauchst, aber dir wünschst, kannst du eine Weile abwägen. Ich hänge mir meine Wünsche manchmal auf und schaue sie über einige Tage oder sogar Wochen immer wieder an, um zu überprüfen, ob sie mir immer noch so gut gefallen. Ist das Ding so toll, dass es mir die Investition wert ist?
  4. Stell dir vor, du hast tausend Euro übrig. Möchtest du jeden Abend auf deine Traumcouch fallen oder lieber diesen Sommer einen Roadtrip machen? Das ist keine Suggestivfrage.
    “Collect memories, not things” hin oder her – du musst dich als Minimalist nicht zwangsläufig immer gegen Besitz entscheiden. Es ist nur wichtig, sich diese Fragen zu stellen und sie bewusst zu beantworten.

  5. Kaufe Sachen, die zu deinem Stil passen, die praktisch sind und/oder die mit anderen Sachen funktionieren. Das gilt besonders für Kleidung, aber auch für alles andere. Das heißt nicht, dass du nie etwas Abgefahrenes kaufen sollst – aber eben nichts, das du nur ein Mal benutzen kannst oder es nach 2 Wochen nicht mehr sehen willst. Ich habe zum Beispiel eine total bescheuerte Fake Fur Tasche – die lässt mich zu einem schlichten Alltagsoutfit grinsen und taugt in schriller Kombi auch für die Bad Taste Party, anstatt für diesen Anlass ein Wegwerfprodukt zu kaufen.
  6. Geh nur dann einen Kompromiss ein, wenn du dich davon überzeugt hast, dass er zufriedenstellend ist. Richtig blöd sind halbgare Notkäufe, die du schon bereust, wenn der Postbote klingelt. Solche Kompromisse werden vor allem erzwungen, wenn du etwas dringend brauchst und nicht mehr genug Zeit hast, nach Alternativen zu suchen. Ich versuche inzwischen immer, rechtzeitig zu suchen.
  7. Für Fortgeschrittene: Wenn du dich sicher fühlst, bestelle wieder die Newsletter von wenigen(!) ausgesuchten Shops und nutze die Sales sinnvoll, um Geld zu sparen. Ich zum Beispiel liebe das Duschgel vom Body Shop und wenn es im Angebot ist, kaufe ich es. So lassen sich auch kleine Vorräte anlegen. Damit würde ich es jedoch nicht übertreiben, um nicht wieder x Sachen rumstehen zu haben. Dasselbe gilt übrigens für den Supermarkt.

Tipps für bewussten Konsum

Danach: Minimalismus pflegen.

Die letzten drei Tipps für bewusstes Kaufen bilden das Danach, die kontinuierliche Denkarbeit.

  1. Wenn du etwas Neues hast, übertreibe es ruhig mit der Freude. Wenn ich etwas Neues habe, stelle ich es total gerne an einen prominenten Platz oder hänge es außen an den Schrank, bevor es an seinen richtigen Platz kommt. Klingt vielleicht ein bisschen wahnsinnig – aber ich finde es schade, dass die meisten Käufe sofort weggeräumt und damit auch schneller vergessen oder für selbstverständlich genommen werden. Viele Minimalisten setzen deshalb auch auf offenen Stauraum.
  2. Pflege deine Wunschlisten. Wie oben erwähnt speichere ich gerne Wünsche, erstelle Boards mit allen Alternativen auf Pinterest oder speichere vermeintliche Must Haves auf meiner Amazon-Liste. Dort bleiben meine Wünsche erst einmal. Ich komme zu diesen Listen dann alle paar Tage zurück und lösche einzelne Posten, an die ich zwischendurch nicht einmal gedacht habe. Bei anderen entscheide ich mich für eine der Alternativen – welcher Couchtisch gefällt mir denn nun am besten? Das Löschen von Unnötigem tut dann übrigens auch gar nicht mehr weh! Bei den verbleibenden Wünschen fühle ich mich bestärkt, darauf zu sparen, und freue mich darauf, sie mir demnächst zu erfüllen. Ich lasse dann übrigens auch erfüllte Wünsche noch ein Weilchen auf dem Board – das ist so ein bisschen wie das Aufhängen vor dem Schrank.
  3. Wenn du dir deine Käufe gut überlegst und vorhast, Sachen ab jetzt deutlich länger zu behalten, wird sich auch dein Qualitätsbewusstsein steigern. Ergo: Was du kaufst, wird tendenziell teurer. Das ist am Anfang ein bisschen beängstigend, aber eigentlich auch total nützlich. Es bremst dich nämlich, sofern du nicht reich bist, ganz automatisch in deinem Konsum und gewöhnt dich so ganz nebenbei ans Wenigerkaufen.

Was sind deine kleinen Tricks, um weniger und bewusster einzukaufen? Ist das Aufstellen von Regeln nützlich oder ist es nur ein neues Korsett, das überproportional viel Stress bedeutet?