Was ist nachhaltig? Second Hand vs. Fair Fashion

Über eines bin ich mir sicher: Ich will, dass sich in der Modeindustrie etwas ändert. Und alles ist dabei besser als Fast Fashion. Die rücksichtslose Ausbeutung anderer Menschen für mein Immermehr und Immergünstiger muss aufhören. Den Stimmzettel dafür habe ich in der Hand – mit jedem Einkauf oder Nichteinkauf. Und auch ein bisschen mit diesem Blog. Seit einem halben Jahr shoppe ich deshalb nicht mehr bei herkömmlichen Marken und zeige euch meine Entwicklung auf A HUNGRY MIND. Ich habe mich für nachhaltige Mode entschieden und liebe diese Entscheidung mit jedem Tag mehr. Aber was ist eigentlich wirklich nachhaltig? Was ist der beste Weg? Alte Kleidung aufzutragen, indem man sich so lange es geht am eigenen Kleiderschrank bedient oder Second Hand Teile holt, oder neue Fair Fashion Marken zu unterstützen und seine Entscheidung damit auch sichtbar nach außen zu tragen?
Wenn ich als Minimalistin nur eine bestimmte Anzahl von Teilen, oder auch einfach nur nichts Unnötiges, im Schrank haben möchte, muss ich meine Kleidungsstücke sorgfältig kuratieren. Sollte ich versuchen, alles aufzutragen, was ich habe, um wenig Ressourcen zu verbrauchen und wenig Geld auszugeben, oder sollte ich einen großen Teil meines Kleiderschrankes solchen Marken widmen, die für eine bessere (Arbeits-)Welt stehen und damit meine Werte vertreten? Und nicht zuletzt: Was ist meine Außenwirkung als Bloggerin? Möchte ich weiteren Konsum – auch wenn er fair ist – bewerben, oder zeigen, dass man sich mit alten Sachen gut anziehen kann?
Die Vor- und Nachteile im Fall Second Hand vs. Fair Fashion sind recht offensichtlich – und wurden so ähnlich auch schon mal von den Jungs von rethinknation in einem knackigen YouTube Video zusammengefasst.
Sicher wäre es am besten für die Umwelt, wir würden hier und heute aufhören, neue Kleidung zu produzieren. Unsere vollgestopften Schränke und die Müllberge, die unser Konsum letztendlich in anderen Ländern hinterlässt, zeigen: Wir haben mehr als genug. Für die Umwelt wäre es ein Segen, wenn wir alles auftragen und erst dann wieder Neues herstellen würden. Für den Menschen sieht das aber schon wieder anders aus. Menschen brauchen Arbeit, um ihr Überleben zu sichern. Bangladesch ist aktuell der zweitgrößte Textilproduzent der Welt. Gerade deshalb müssen wir Marken groß machen, die eine Perspektive für diejenigen bieten können, die aktuell am meisten unter Fast Fashion leiden – ab einem gewissen Produktionsvolumen wird es möglich sein, auch außerhalb Europas fair zu produzieren. Solche Marken möchte ich in Zukunft weiterempfehlen.
Als Bloggerin möchte ich euch einerseits zeigen, dass alt nicht gleich schlecht ist und die Erde ein bisschen mehr wert ist als der neueste heiße Scheiß. Andererseits will ich euch Hersteller zeigen, die für meine Werte einstehen. Ich möchte mit meinem Blog keine unreflektierte Kaufsucht auslösen, nie die Message transportieren, dass du glücklicher wärst, wenn du doch nur auch dieses Paar Schuhe hättest. Andererseits möchte ich niemandem eintrichtern, sich gar nichts Neues mehr zu gönnen, denn das wäre nicht realistisch – auch nicht für mich. Der Mittelweg ist, wie so oft, die beste Lösung.
Wer es letztendlich schafft, die Balance zwischen Umwelt und Mensch zu halten, erfreut sich bis zum Ende an geliebter (Second Hand) Kleidung und wertet seinen Stil hier und da mit einem schicken Fair Fashion Teil auf.
Was hältst du von diesem Vorschlag?
Fotos: Johannes Fucke
22 Comments
Würden mehr diesem Vorschlag folgen, wäre schon viel gewonnen. Ideal ist es natürlich, wenn man faire Mode Second Hand shoppt, zumindest auf Kleiderkreisel bin ich da schon fündig geworden. Auch bei Ebay und ebaykleinanzeigen gibt es hier und da schöne Teile.
Fast Fashion als Second Hand zu kaufen finde ich teils gut, teils aber auch zweifelhaft. Wie du schon schreibst, bewerbe ich beim Tragen der Teile dann nicht doch die Firmen? Und befeuere ich im Endeffekt nicht doch die Nachfrage nach ihrer Kleidung? Will ich bestimmte Stoffe weiterhin auf der Haut haben oder sie der Umwelt aussetzten, z.B. Kunstfasern, die über den Waschvorgang die Umwelt belasten? Will ich nicht lieber ganz konkret ökofaire Hersteller mit meinem Geld unterstützen?
Ich selbst bin da etwas zwiegespalten und habe daher bisher nur grüne Mode aus zweiter Hand gekauft, wahrscheinlich wird es auch so weitergehen. Dazu neue Teile (nicht in Massen!) aus dem Bereich der grünen Mode und ich bin glücklich mit meinem Kleiderschrank.
LG
Sabrina
grün grün
http://gruengruenblog.blogspot.de
Wow, über die Auswirkung beim Waschen habe ich noch gar nicht so intensiv nachgedacht. Danke für den Anstoß!
Nachhaltige Mode aus zweiter Hand zu kaufen ist sicher das allerbeste, was man machen kann.
xx
Ein schöner Beitrag, diese Frage stelle ich mir auch immer öfter! 🙂 Ich gucke auch hin und wieder bei Kleiderkreisel oder ebay nach Second Hand Schnäppchen, aber wie du schon sagst, das mit dem nicht zurückgeben können stellt hier wirklich ein Problem dar. Wo ich in letzter Zeit aber öfter mal bestellt habe, ist ubup. Das ist, wie Medimops für Bücher, eine Second Hand Plattform für Klamotten – viel Auswahl, viele Labels und inklusive einer super unkomplizierte Rückgabe bei Nichtgefallen. Man kann sogar faire Marken second hand kaufen! 😀 Für mich momentan die beste Lösung – auch wenn das ganze Verschicke per Post natürlich auch nicht das Gelbe vom Ei ist, wenn man nachhaltig handeln möchte. Aber irgendwo muss man wohl immer Kompromisse machen…
Liebe Grüße!
Kati
Cool, danke für den Tipp!
xx
Deine Gedanken finde ich sehr schön, denn ich bekomme gerade oft vorgeworfen, dass ich Arbeitsplätze gefährde, wenn ich nur noch Second Hand kaufe… Dabei ist das meiner Meinung nach am nachhaltigsten, weil ich eben die Umwelt gar nicht erneut belaste…
Fair Fashion ist für mich eher eine Ergänzung dazu: Wenn es wirklich neu sein muss, weil es das in Second Hand nicht in der Nähe gibt, dann würde ich dazu greifen, aber sonst ist Konsum für mich immer eher negativ behaftet…
Meine Heimatstadt hat glücklicherweise einen second Hand Shop, sodass ich zu Fuß dort vorbei schauen kann. Denn ohne Anprobe möchte ich nicht einkaufen… aber auch sonst habe ich Kleidung nie online gekauft. Und der Preis ist eben für Studentin wie mich wohl auch ein Argument 😉
Also mich hast du gerade dazu bestärkt, weiterhin nur so viel wie nötig und vorzugsweise Second Hand zu kaufen… hauptsache, ich bleibe weg von Fast Fashion und bin glücklich mit meinem Kleiderschrank 🙂
Deine Pläne für den Blog finde ich also spitze!!
Liebe Grüße
Liebe Tabea,
das, was du dir da anhören musst, finde ich so ein trauriges und schwaches Argument. Es zeigt schon irgendwie eine sehr verdrehte Gesellschaft, wenn Nichtkonsum (oder kein Konsum neuer Ware) verurteilt wird. Natürlich wäre es ein Problem, wenn ALLE das von heute auf morgen so machen würden. Aber die glauben doch nicht ernsthaft, dass das passieren wird. Es sind immer ein paar Leute, die den Stein ins Rollen bringen und damit einige weitere (vermutlich nie alle) zum Umdenken bewegen. Und mit so einer graduellen Veränderung können auch neue, andere und bessere Arbeitsplätze geschaffen werden – sei es in Fair Fashion, im Handel mit der Second Hand Kleidung oder in ganz anderen Bereichen, die dann wieder wichtiger werden. Lass dich nicht von solchen Nay-Sayers entmutigen!
xx
Liebe Sabine,
ich teile deine Meinung auf ganzer Linie 🙂 Der Mittelweg ist sicherlich die beste (und realistischste) Lösung für das Fast Fashion Problem! Nur das Arbeitsplatz-Argument mag ich persönlich nicht. Wenn man danach geht, dann dürfte an viele neue Wege nicht gehen. Aber bei einer schönen Mischung aus Second Hand und neuen fair Fashion Teilen kann man ja beide Konzepte super unterstützen.
Liebe Grüße,
Elisabeth
Liebe Elisabeth,
ich bin mir nicht sicher, was du mit dem Arbeitsplatz-Argument meinst: Meinen Artikel oder den Kommentar von Tabea weiter oben? Ich habe die Arbeitsplätze absichtlich nur im Positiven genannt, also in Bezug auf faire Labels. Das sollte nicht heißen, dass Second Hand deshalb schlecht ist oder es da gar keine Arbeitsplätze gibt 😉
xx
liebe sabine! was für ein toller beitrag! schreibe gerade meine bachelor thesis zum thema konsumwandel in der mode – deshalb ist dein blog und speziell dieser post ne tolle inspiration! ich kann dir bei all deinen punkten nur zustimmen!! ich versuche auch so gut wie’s geht nachhaltig zu konsumieren. auch wenn’s immer eine gratwanderung ist, denke ich muss man es zumindest versuchen!
liebst, mirjam // http://www.miiju.ch
Ich denke, dass es hier bei so gut wie allem wieder um die Balance geht.
Second Hand ist zum Beispiel für mich beinahe unmöglich, weil ich so klein bin. Da müssten schon viele Faktoren passen und ich einfach Glück haben.
Aber generell achte ich darauf mir wirklich zu überlegen, was ich nun wirklich brauche und was nicht. Oder auch, was man gut zu Dingen anziehen kann, die man schon im Schrank hängen hat (ansonsten hat man ja wieder nur eine Kleiderschrankleiche…).
Liebe Sabine!
Wunderbar entspannt zusammengefasst, was mich als Gedankenknoten (seitdem Kea den Begriff geprägt hat, verfolgt er mich andauernd) bis vor ein paar Wochen immer wieder begleitet hat: Was ist jetzt eigentlich das Richtige? Einige schwören auf Second Hand, andere auf ausschließlich Fair Fashion (aus den Gründen, die du so schön angeführt hast). Ich glaube aber ebenfalls, dass die Mischung die Lösung und diejenige Alternative, die für uns alle umsetzbar ist.
Konsum muss nicht tabuisiert werden – aber wir müssen genau schauen, was wir da eigentlich kaufen, wenn wir konsumieren. Wo kommt es her? Wer hat es hergestellt? Und wie? Bewusstsein und Respekt sind wichtige Schlüsselbegriffe in diesem Zusammenhang – Respekt vor den Menschen, der Umwelt und den Dingen. Vielleicht ist es am Ende doch nicht so schwierig. 🙂
Liebe Grüße
Jenni
Hallo Sabine!
Ich habe über dieses Thema auch schon sehr intensiv nachgedacht, bin aber letztendlich – zumindest für mich – zu dem Schluss gekommen, dass Secondhand die nachhaltigere Variante ist.
Bei der Diskussion wird gerne vergessen, dass viele Menschen ihre Kleidung wirklich nur sehr kurz tragen und wir ein riesiges Problem mit den Altkleiderbergen haben. Diese sinnvoll abzubauen ist sicher auch ein wichtiger zusätzlicher Aspekt für mich.
Lustigerweise habe ich gerade heute einen Beitrag veröffentlicht (ohne Deinen gekannt zu haben) und ein paar Aspekte heraus gegriffen.
Einer ist z.B. auch der Rebound-Effekt – der Gedanke mit dem Kauf von grüner Mode etwas Gutes zu tun verführt vielleicht dann doch dazu, mehr zu kaufen als eigentlich nötig wäre.
lg
Maria
https://widerstandistzweckmaessig.wordpress.com/2016/10/23/das-maerchen-vom-nachhaltigen-konsum-minimalismus-vs-gruenes-wachstum/
Liebe Maria,
du hast insofern ganz klar recht – Second Hand ist die nachhaltigste Lösung. Realistisch finde ich es allerdings nicht, dass wir ab jetzt gar nichts mehr Neues kaufen, und für die Menschen, die von der aktuellen Wirtschaft abhängig sind, wäre das auch ein zu harter Cut, würde es zum Massenphänomen. Den Rebound-Effekt (ich kannte das Wort gar nicht, danke) erwähne ich ja auch in meinem Text. Zu den Altkleidern habe ich noch einen anderen Artikel geschrieben bzw. gefilmt: https://ahungrymind.com/2016/10/kleidung-richtig-recyceln/
Liebe Grüße,
Sabine
Hallo Sabine!
toller Artikel und gute Gegenüberstellung der Vor und Nachteile .. auch dein Fazit zum Balance finden gefällt mir gut. Für mich hab ich entschieden, dass Fair Fashion vor Allem weniger Konsum und bewusster konsumieren bedeutet. Sowohl Fair Fashion als auch Second Hand 🙂
Liebe Grüße, Dunja
Guter Beitrag! Und ja, es ist total schwierig, da die Balance zu finden. Ich finde das auch immer schwer, einzuschätzen, was jetzt schlimmer/besser ist. Ist es besser, etwas Secondhand online zu bestellen und das muss dann extra zu dir transportiert werden? Oder doch etwas Neues? Ich bin mir da teils nicht so sicher. Es ist auch super schwer zu durchschauen, wie die CO²-Bilanz von einem Päckchen oder so ist.
Aber ich denke auch, dass es am wichtigsten ist, dass man bewusst konsumiert. Sich Gedanken macht – brauche ich das wirklich? Geht es nicht ohne auch? 🙂
Spannendes Thema auf jeden Fall.
Ein Beitrag, der mir viele Denkanstöße gibt!
Was mir auf jeden Fall auffällt, ist, dass deine Schuhe ja ungefähr so viel kosten wie die Stan Smiths von Adidas und denen auch noch sehr ähnlich aussehen (wenn nicht sogar besser…). Da sollte man sich echt überlegen, ob man die 90€ lieber für einen unbedeutenden Markenname oder für faire Arbeitsbedingungen ausgibt…
Liebe Grüße!
Danke für diesen Beitrag! Ich versuche seit einigen Jahren schon mehr darauf zu achten, wo und was für Kleidungsstücke ich kaufe. Alles hat Vor- und Nachteile. Bei Fair Fashion und Second Hand Kleidung sind die Nachteile jedoch bei beiden relativ klein, und ich bin der Meinung, jeder kleine Schritt in die richtige Richtung zählt!
LG Sophie
Liebe Sabine,
hast Du inzwischen mit dem Blog aufgehört?
Seitdem ich Mitglied der Kampagne für saubere Kleidung bin, trage ich meine Kleidung sehr viel länger, mache Upcycling und bin bei Modenschauen von ökofairer Kleidung dabei, um zu zeigen, wie gut diese Sachen inzwischen aussehen (da gibt es immer noch viele Vorurteile).
Grüße
Ingeborg
Hallo Ingeborg,
ich schreibe zurzeit nichts Neues, habe den Blog aber nicht offiziell eingestellt. Ich arbeite vielmehr an einem Konzept für das, was ich in Zukunft gerne tun will. Danke für deinen Kommentar und dein Engagement!
Liebe Grüße
Sabine