Multifunktionale Möbel: Mein minimalistisches Wohnzimmer

Mein Wohnzimmer besteht aus drei Möbeln. “Wohnzimmer”, das sage ich bewusst so, weil ich finde, dass man eine 1-Zimmer-Wohnung trotzdem in mehrere Bereiche aufteilen kann – und sollte. Wo ich schlafe, möchte ich kein buntes Bücherregal haben, keinen mal eben abgelegten Kram und auch sonst keine größere Unruhe. Für diesen lebendigeren Teil des Alltags gibt es das Wohnzimmer. Meins befindet sich in der schönsten Ecke meiner Wohnung, und kann trotz seiner geringen Größe so ziemlich alles.
Influencer-like sollte ich mein Wohnzimmer wohl mein “hygge corner” nennen, stattdessen sage ich euch einfach: Es ist meine Lese-, Netflix-, Arbeits-, Trink- und Essecke. Als würde das nicht reichen!
In einer Sache ist meine Ecke ziemlich klassisch: Mit dem Sessel und dem kleinen Bücherregal bietet sie genau das, was wohl jedes Wohnzimmer kann: Einen Platz zum Abschalten. In diesem Fall begrenzt auf eine Person, also mich. Man muss Prioritäten setzen! Aber selbst der heimelige Alltag des eingefleischtesten Introverts wird eben manchmal von anderen Menschen unterbrochen, und das ist einer der Gründe, warum ich mein Mini-Wohnzimmer ganz bewusst mit Möbeln ausgestattet habe, die mehr können. Kreativ bleiben und immer mal was umstellen – macht mir richtig viel Spaß.
Vor ein paar Wochen kamen meine beste Freundin und ihr Mann zu Besuch. Über dem heißen Kochtopf in der Küche stellte ich eine halbe Stunde vor ihrer Ankunft fest, dass ich noch immer keinen dritten Stuhl für den Küchentisch hatte. Früher hätte mich sowas in leichte Panik versetzt, inzwischen vertraue ich in solchen Fällen meinen Impro-Skills. In der nächsten Kochpause auf den Dachboden gerannt, Sitzkissen geholt und mit einer Decke und gemütlichen Kerzen auf dem Boden ausgebreitet. Was als schnelle Lösung zum Essen gedacht war, blieb für den ganzen Abend unsere Location.
Gemütlich geht immer – ein paar Tage nach dem Besuch bestellte ich, für meine Verhältnisse ziemlich spontan, eine Obstkiste und ein Sitzkissen für insgesamt 25 Euro. Eine Entscheidung, die mich selbst überraschte, weil eigentlich die ganze Zeit ein Fußhocker für 150 Euro geplant war. Ich arbeite gern in meiner Ecke, nur bisher war sie mir zu unbequem. Ich habe diesen Tick, dass ich oft meine Beine oben haben muss, um langes Sitzen angenehm zu finden. Aber: Das kann das Ding eben auch. Platz für meine Füße, für Bücher, für das Macbook beim Netflixen, oder auch mal für diese zweite Person. Und wenn man das Kissen runternimmt, ist’s ein Tisch. Sollte die Kiste irgendwann mal als Fuß-Hocker-Ablage-Tisch ausgedient haben, bietet sie trotzdem noch Stauraum, in der Wohnung oder im Abstellraum. You get the idea!
Interessant, wie sich meine Ansprüche verschoben haben: Zur Studienzeit träumte ich von einem richtigen Wohnzimmer, weil man das eben so hat, wenn man mal Geld verdient. Irgendwann im letzten Jahr habe ich dann erkannt, dass das zwar bestimmt schön wäre – aber auch nicht sofort sein muss, nur weil es theoretisch möglich wäre. Wichtiger war mir, eine halbwegs bezahlbare Wohnung zu finden und für alles, was außerhalb stattfindet, mehr Geld übrig zu haben. Ich mag es, dass ich mit meiner kleinen Wohnzimmer-Lösung nun trotzdem flexibel bin und eine Wohlfühlatmosphäre für bis zu vier Leute schaffen kann, die ein bisschen anders ist als das, was jeder andere macht.
An dieser Stelle zeigte sich mir übrigens mal wieder: Kaufentscheidungen, besonders wenn sie sich um die Einrichtung der eigenen vier Wände drehen, brauchen Zeit. Bis man erkennt, was man wirklich braucht, und was gut zusammen funktioniert, muss man ein paar Szenarien durchspielen. Am besten nicht nur im Kopf. Hätte ich nicht die Picknicksituation erlebt und festgestellt, wie bequem und schön es ist, bei untergehender Sonne im Schneidersitz am Westfenster zu sitzen, hätte ich nun 125 Euro mehr für einen samtigen Fußhocker ausgegeben, der nicht halb so viel kann wie meine Kiste; der dementsprechend schneller unbrauchbar wäre. Es ist ein einfacher Trick, das gebe ich zu. Aber das macht ihn ja erst genial!
Wie sieht es bei euch zuhause aus – habt ihr auch multifunktionale Möbel? Wo sortiert ihr je nach Bedarf kreativ um?
13 Comments
Sehr schön zu lesen!
Eine 1-Zimmer-Wohnung habe ich ja auch – und die hat auch mehrere Bereiche: Küche, Lebens-Arbeitsbereich, Vorrats”kammer” und Schlafgemach.
Lese-, Arbeits, Trink-, Essecke trifft auf meinen Schreibtisch auch zu… nur Netflix schaue ich einfach gar nicht 😉 Ein Ort kann eben viele Funktionen haben und das finde ich ehrlich gesagt total praktisch.
Dein Wohnbereich sieht aber ehrlich gesagt doch besser aus als meiner… aber meiner ist eben eher so aufgebaut, dass es praktisch ist und ich dort im Notfall stundenlang lernen kann.
Wenn ich Leute zu mir einlade, dann sitzen wir entweder zu zweit auf dem Schreibtisch oder mit mehreren auf dem Boden – ich habe nämlich nur einen Stuhl und gar keinen Küchentisch. Für sowas ist einfach kein Platz 😉
Deine Kiste gefällt mir echt gut! So wandelbare Dinge sind immer toll 🙂
Liebe Grüße
Hey Tabea,
danke für deinen Kommentar1
Einen Schreibtisch hätte ich definitiv auch, würde ich nicht Vollzeit außer Haus arbeiten.
xx
Ich finde deine Wohnungsbeiträge einfach immer wieder wunderschön
Liebe Sabine,
endlich komme ich dazu, diesen Artikel zu lesen und muss sagen: Ich finde nicht nur deine optischen Eindrücke hier wunderschön, sondern auch die Art, wie du dorthin gekommen bist und was eigentlich dahintersteckt.
Im Moment sehne ich mich auch wieder nach großen, multifunktionalen Räumen – das ist einfach praktischer als mehrere, kleine Zimmer, so erwachsen die auch wirken mögen. Man hat außerdem bei Letzteren schnell den Drang, sie mit allem Möglichen vollzustellen; das ist bei größeren Räumen schon allein der Übersichtlichkeit wegen eher weniger (jedenfalls geht mir das so).
Ich freue mich jedenfalls, dass du es dir so bequem-funktional gemacht hast!
P.S.: Wir haben jahrelang nur auf dem Boden gegessen. War sehr cool. Das vermisse ich ein wenig.
Liebe Grüße
Jenni
Hey Jenni,
das kann ich gut verstehen. Ich denke, da hat auch jeder Raumtyp seine Herausforderungen. Mein Wohn- und Schlafzimmer ist auch nur 17qm groß und ich muss schauen, dass die Bereiche sich getrennt und nicht vollgestopft anfühlen. Ein Sofa würde zum Beispiel gar nicht reinpassen, das finde ich schon etwas schade und träume deshalb manchmal von zwei kleinen, getrennten Zimmern. Wohl ein klassischer Fall von grünerem Gras und “you only want what you can’t have” 😉
xx
Der Einfall mit der Kiste ist wirklich genial, dafür würde ich mir an deiner Stelle jeden Tag aufs Neue auf die Schulter klopfen 😀 Ich bin eigentlich auch total für Gegenstände, die verschieden einsetzbar sind, bei den Möbeln haben wir das aber leider fast gar nicht. Nur die Balkonmöbel dürfen manchmal den Esstisch ergänzen und ein Gitarren-Verstärker lässt sich auch super als Nachttisch verwenden 😉
Ich habe nicht zuletzt durch deinen Blog angefangen, mich mit Themen wie Veganismus, Nachhaltigkeit, Fair Fashion und Minimalismus zu beschäftigen. Viele Blogs, die ich kenne (die sogenannten ‘Großen’) sind mir aber einen Schritt zu weit. Darum mag ich deinen Ansatz so gern: Die kleinen Babysteps in Richtung Veganismus und Müllreduktion sind so gut durchdacht und umsetzbar, dass man es einfach probieren kann.
Darum meine Frage: Welche Minimalismus-Blogs liest du selbst? Vielleicht kannst du sogar mal einen Post dazu machen oder welche verlinken? Ich finde gerade so gut, dass du noch ‘auf dem Weg’ bist und würde gern mehr darüber lesen.
Liebe Grüße!
Liebe Christina,
danke! Was du schreibst, bedeutet mir richtig viel.
Ich muss sagen, dass ich das meiste wirklich selbst ausprobiere und durch meine eigenen Erfahrungen lerne. Eingestiegen bin ich aber mit den Youtube-Channels von Rachel Aust (sehr ästhetisch getrieben) und Jenny Mustard, ich höre manchmal den Podcast von “The Minimalists”, schaue Dokus, habe “The life-changing magic of tidying” gelesen… du siehst also, ich sehe mir auch oft Extreme an, aber ich finde, auch aus denen kann man ableiten, was für den eigenen Alltag praktikabel und sinnvoll ist.
Ansonsten bleibt genau das, was in deinem Kommentar anklingt: Erfahrungsaustausch mit anderen, die noch näher an meiner eigenen Realität sind. Das können Freunde sein oder andere Blogger wie Jenni von Mehr als Grünzeug oder die Minimalistenfreunde.
Hier kommen hoffentlich bald auch mal wieder ein paar Artikel zum minimalistischen Weg 😉
xx
Hallo Sabine,
du hast so einen wunderbaren Blog. Deine Ecke sieht richtig gemütlich aus. Dort würde ich mich auch sehr wohl fühlen 🙂
Weinkisten sind ziemlich praktisch. Meine ist Zeitschriftenaufbewahrung, Ablage und Fotoecke in einem 😀
Sonst bin ich nicht so multifunktional unterwegs.
Ich lese dann mal weiter!
Ich finde die Aufteilung sehr toll gemacht! Minimalistisch und trotzdem nicht dieses Gefühl von “hier ist ja nichts!” wie man es bei manchen so hat 😀 Und die Idee mit den Kiste als Bücherregale *warum bin ich da nicht drauf gekommen???* Mega!!!
Du bist eine totale Inspiration für mich!
Ich befinde mich zurzeit auch auf dem Weg zu einem minimalistischeren Leben und dabei hilfst du mir total weiter 🙂
Vllt hast du ja auch mal Lust bei mir vorbeizuschauen <3
Liebe Grüße!
https://xannaslifex.blogspot.de/
Liebe Anna,
danke für das Kompliment – ich freue mich, wenn meine Leser etwas von den Texten mitnehmen können. Falls du bestimmte Fragen oder Themen hast, die dich interessieren, schreib mir gerne.
xx Sabine