In meinen Entwürfen wartet ein Artikel mit dem Titel “Was bleibt, wenn alles ausgemistet ist”. Es ist einer dieser Artikel, die ich bewusst liegen lasse, zu denen immer wieder mal ein paar Stichpunkte notiere, die ich überdenke und doch – noch – nicht fertig schreibe. Weil ich nicht weiß, wie endgültig meine Perspektive ist. Kann sie das überhaupt sein? Gibt es dieses eine Minimalismus Ziel, das man erreichen und halten kann?

Fast zwei Jahre ist es her, dass ich meinen ersten Beitrag zum Thema Minimalismus auf A HUNGRY MIND teilte, noch länger, dass ich begann mich privat damit zu beschäftigen. Für mich fühlt sich das ziemlich dauerhaft an, besonders wenn es um eine Lebens- und Konsumeinstellung geht, die nicht nur da ist, sondern ganz konkrete Ziele verfolgt. Die Idee war schon irgendwie: Ich schließe mich dieser Bewegung an und finde dadurch noch weiter in ein nachhaltiges, reduziertes Leben hinein. Und irgendwann… habe ich die perfekten Routinen, die richtige Menge an Besitz und Selbstbestimmung. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich sei an diesem Endpunkt angekommen, fragte ich mich dementsprechend: Und jetzt?

minimalistische 1-Zimmer-Wohnung

Nicht, dass ich nicht zufrieden gewesen wäre, als ich endlich dachte, ich hätte nun genau den richtigen Hausstand in meinen 37 Quadratmetern erreicht. Es ist nur das Gefühl, das nach jeder Reise zurückbleibt: Egal, wie es war, es gibt erst einmal nichts mehr, auf das man hinarbeitet. Und anstatt der leuchtenden Erkenntnis kommt an der Stelle erst einmal ein schleppendes, leeres und zweifelndes Gefühl. War es das jetzt schon? Cool, ich mag alles, was ich habe, oder brauche es zumindest irgendwie. Nice, ich habe 300 Euro mehr im Monat übrig, weil ich auf ein zweites Zimmer verzichte. Ich kann also reisen, genau wie geplant. Krempelt das mein ganzes Leben um; gibt es mir den ultimativen Sinn und die ständige Zufriedenheit? Natürlich nicht.

Gibt es das eine Minimalismus Ziel?

Es wäre wohl naiv, zu glauben, dass ein Veganer fertig ist, wenn er keine Tierprodukte mehr konsumiert und sich dabei gesund ernährt, und dass ein Minimalist es geschafft hat, wenn die Instagram Wohnung und die Capsule Wardrobe erst einmal stehen. Und so bin ich normalerweise auch nicht. Ich balanciere, probiere, habe Spaß an der Suche nach dem richtigen Maß, in allem. Was ich gestern geglaubt habe, muss heute nicht mehr stimmen, schon gar nicht aus Prinzip.

Der Weg des Minimalismus ist für mich kein linearer, der immer weiter gehen muss. An vielen Stellen bin ich sogar zurückgerudert. Eine Capsule Wardrobe ist nur praktisch, wenn man Kleidung besitzt, die man seltenst waschen muss. 5 Oberteile mit Gemeinschaftswaschmaschine im Keller? Ich will mich nicht stressen, um reduziert zu leben – das geht gegen jeden Sinn und Verstand. Ich mag schönes Geschirr und gute Bücher, beides besitze ich auch gerne. Das ist okay. Und trotzdem passe ich auf, dass es mir nicht zu viel wird. Die Dinge, die man hat, auf das zu reduzieren, was wichtig ist – und den Besitz auch reduziert zu halten -, ist eine ständige Diskussion mit sich selbst.

Minimalismus Ziel

Trotzdem fühlt es sich oft an, als wäre ich durch mit dem Thema. Nicht durch damit, immer mal wieder auszusortieren, oder damit, mein Leben in einem Zimmer gegen das Reisen aufzuwiegen und mich zu fragen, ob mir ein Wohnzimmer in dieser Stadt nicht irgendwann doch wichtiger ist, als eine Extrawoche Wohnen im Zelt. Aber durch damit, es “Minimalismus” zu nennen und mich mit Konzepten auseinanderzusetzen, die ein Framework vorsehen. Angekommen bei bewusstem Konsum, ohne ihn mir ständig bewusst machen zu müssen. Man könnte es als natürlichen Zyklus sehen, der sich irgendwann verselbständigt und nebenbei läuft. Mal bin ich mehr im Einklang, mal weniger, dann räume ich wieder auf und beginne von vorn. Mal übertreibe ich ein bisschen und stelle meine Prinzipien hinten an, mal lebe ich sehr reduziert und informiere mich über jeden Aspekt.

Ich bin dankbar dafür, dass ich gelernt habe, verantwortungsvoll mit Ressourcen umzugehen, sei es mit meinem eigenen Geld, mit Rohstoffen oder mit der Arbeitskraft anderer Menschen. Aber passt mir dieses Label noch? Ist es weiterhin etwas, worum ich mich drehe? Worum sich dieser Blog dreht?

A HUNGRY MIND – heißt nicht umsonst so. Sondern weil ich nie bei einem Thema stehen bleibe.